Ergänzend zu meinem Vortrag vom 10.3.2009 in der Erörterung einige Erläuterungen.

In Langelsheim und Umgebung weht ein besonderer Wind. Das ist den Einheimischen bekannt und unsere Altvorderen bauten sogar eine Industrie damit auf. Ohne die besonderen Winde keine Rennfeuer, ohne Rennfeuer keine Erzverhüttung.

In Langelsheim, am Gebirgsrand haben wir Wind ähnlich dem an der See. Es weht ständig Wind, aus im wesentlichen 2 Richtungen. Je schöner das Wetter, um so stärker bläst der Wind. Erst am Abend gegen 19:00 Uhr ist es so windstill – die Windrichtung wechselt, daß Federball spielen eine Freude ist.

Das war schon immer so und hat sich nicht verändert. Alle Winde aus westlichen bis südlichen Richtungen werden durch das Innerste-Tal so kanalisiert, daß sie dem Tal folgen. Es herrscht ein dauernder Luftzug wechselnder Stärke talabwärts. Das wußten schon Schröder und Reuß. Für die Täler der Tölle und der Grane ist das ähnlich und das Prinzip gilt auch für Goslar, Oker, Bad Harzburg, … und läßt sich wunderbar kartieren.

Lattemann1120

Bereits 1933 hat Wilhelm Lattemann die Windrichtungen und ihre Häufigkeit ermittelt und in einer Windrose dargestellt. Ernst Stolte hat das 1982 bestätigt.

Die von Lattemann und Stolte beschriebenen Windsituationen sind die Verhältnisse, die wir hier alle kennen und wer buchführt wird zum gleichen Ergebnis kommen. Zu Zeiten der gelben Fahne der Düngerfabrik konnten wir täglich beobachten, woher der Wind wehte und wohin.*

Für Botaniker, Forstleute und andere Baumarten-Erkenner hat Wolfgang Weischet eine praktische Methode entwickelt und standardisiert, mit der wir mit vertretbarem Aufwand die Wirkung des Windes ermitteln können. Die Methode nutzt dazu die Baumkronendeformation, die der Wind hervorruft.

An der See oder im Hochgebirge sehen auch ungeübte Augen, daß Bäume sich vor dem Wind ducken. Weiter landeinwärts nimmt die Stärke der Deformation der Baumkronen ab. Am idealen Standort wächst der Baum in seiner für die Art typischen Kronenform. Die typische Kronenform ist symmetrisch. Sobald der Wind eine Richtung bevorzugt, können sich die Zweige und Äste des Baumes auf der windzugewandten Seite nicht mehr ungehindert entwickeln. Das läßt sich definieren, klassifizieren und standardisieren. In unserer Gegend sind die Deformationsgrade 1 bis 5 zu finden.

Die deformierte Baumkrone ist das Ergebnis aller Windwirkungen oder anders ausgedrückt das Integral aus Richtung und Kraft über die Zeit.

Die Kartierung ist am besten im Winterhalbjahr durchzuführen, wenn kein Laub den Blick auf die Kronenform behindert. Ich habe im Januar 2009 zwischen Langelsheim, Jerstedt und Astfeld eine Kontrollkartierung durchgeführt. Die Ergebnisse habe ich in GoogleEarth eingetragen und stelle sie hier in GoogleMap dar**.

Jeder Pfeil ist ein Baum und die Richtung ist seine Deformationsrichtung. Ich habe in diesem Januar nur freistehende Bäume kartiert. Die blaue Fläche ist die blaue Fläche aus der Karte Cadmium als Bestandteil des Staubniederschlages, der TÜV Nord GmbH. Alleine der Winkelunterschied zwischen kartierter Realität und gerechneter Virtualität beträgt 15° und führt die verwendeten Daten ggf. auch Rechenmodell ad absurdum.

Die TÜV Nord GmbH hat auf Empfehlung des Deutschen Wetterdienstes die Winddaten aus Braunschweig-Völkenrode verwendet um ein Windmodell für Langelsheim zu rechnen. Die Lage der Wetterstation Braunschweig-Völkenrode sehen Sie mittig in diesem Luftbild, weißes Wetterhäuschen.

Der Deutsche Wetterdienst hat am Harzrand nur die Station Wernigerode und hält diese für nicht geeignet zur Übertragung nach Langelsheim. Als kleinstes Übel wird dann Braunschweig vorgeschlagen, mit dem Vorbehalt, daß im hiesigen Gelände der Wind nur durch Messungen erfaßt werden kann. Doch mit den Daten aus Braunschweig-Völkenrode ist kein Model zu rechnen, das der Realität nahe kommt, wie sich aus dem Vergleich mit den 55 kartierten Windeffekten ergibt. Selbst stundenlanges Rechnen und Ausweichen auf den Anemometer-Standort Mahlum hat nicht geholfen. Der Deutsche Wetterdienst und das verwendete Windfeldmodell, haben die Wirkung der Täler, sowohl in Kraft wie in Reichweite unterschätzt.

Manchesmal hilft es vor Ort nachzufragen und nicht nur dem eigenen Können zu vertrauen oder die Karte zu studieren. Jeder interessierte hier vor Ort, hätte ihnen sagen können, daß Völkenrode nicht nach Langelsheim übertragbar und wer schon einmal in Mahlum war, wundert sich, wie man den Anemometer-Standort von dort nach Langelsheim rechnen will. Wissenschaftliche Hochnäsigkeit muß manchesmal auf dieselbe fallen :-)

* Der gelben Fahne folgend, konnte ich nachvollziehen, daß der Abtransport der Abgase vom Schornstein und die in den ersten 15 Metern über dem Boden kartieren Baumkronen-Deformationen übereinstimmten.

** GoogleEarth und GoogleMap sind sich nicht immer einig, wo die Koordinaten darzustellen sind.

Windfeldmodell DIWIMO Entscheidungen zum Begriff - diagnostisches Windfeldmodell Berechnungsverfahren des Windenergiespektrums